Partikel und die ersten Sätze
07/2007
Jetzt haben wir schon das Meiste zusammen, um endlich mal ein bisschen Japanisch sprechen zu können. Etwas Entscheidendes fehlt aber noch, nämlich Partikel.
Es heißt übrigens 'die Partikel', während das Zeug bei den Elementarteilchen-Physikern 'der Partikel' heißt.
Partikel gibt es im Deutschen und den verwandten Sprachen nicht. Aber nicht erschrecken - so tragisch ist das gar nicht.
Erst mal: Was sind Partikel überhaupt und wozu sind sie gut?
Also, Partikel sind kleine Wort-Stückchen oder einzelne Silben, die an andere Wörter drangehängt werden (so wie die berühmten Suffixe) und anzeigen, welche Bedeutung das entsprechende Wort im Satz hat. Mit ein paar Beispielen ist das ganz leicht zu verstehen.
- no: Diese Partikel entspricht in europäischen Sprachen dem Genitiv.
07/2007
Siehst du, ganz einfach.
Zumindest soweit. Denn ab jetzt wird es etwas komplizierter. Das liegt daran, dass Sätze im Japanischen ganz anders aufgebaut sind als im Deutschen. Das heißt, das meiste kann man nur an einem ganzen Satz erklären. Aber ich denke, dazu ist es jetzt sowieso langsam an der Zeit.
- wa (= ha als Partikel, gesprochen 'wa'): der sogenannte Satz-Themen-Partikel. Er entspricht ungefähr unserem Nominativ und zeigt an, um was es im Satz geht, also über was der Sprecher etwas sagen will.
Beispiel: 'watashi wa Yumiko desu'.
'desu' heißt 'sein / ich bin / du bist / er ist / wir sind / ihr seid / sie sind'. Und damit dröselt sich dieser Satz so auf:
'Ich Yumiko bin'.
So sagt man das auf Japanisch. Und damit haben wir neben der Partikel 'wa' auch schon eine sehr wichtige Grammatik-Regel entdeckt: Im Japanischen steht das Verb immer ganz am Ende eines Satzes.
Und das geht noch weiter. Für 'sein / ich bin / du bist / er ist / wir sind / ihr seid / sie sind' gibt es im Japanischen eine Reihe von Wörtern:
'da', 'desu', 'de aru', 'de arimasu', 'de gozaimasu'.
Auf Deutsch heißen sie alle das Gleiche:
Watashi wa Yumiko da- Ich bin Yumiko
Watashi wa Yumiko desu - Ich bin Yumiko
Watashi wa Yumiko de aru - Ich bin Yumiko
Watashi wa Yumiko de arimasu - Ich bin Yumiko
Watashi wa Yumiko de gozaimasu - Ich bin Yumiko
Da würde sich ein Japaner ganz schön wundern, dass alle diese total verschiedenen Sätze im Deutschen gleich heißen. Aber worin unterscheiden sie sich?
07/2007
Nun, sie unterscheiden sich in der Höflichkeit und der Formalität.
Watashi wa Yumiko da: relativ unhöflich und herablassend. Gegenüber seinem neuen Chef wählt man diese Form tunlichst nicht.
Watashi wa Yumiko desu: neutral höflich. Geht eigentlich immer, außer wenn du vielleicht beim Kaiser antreten musst.
Watashi wa de aru: Diese Form ist zwar grammatikalisch korrekt, dürfte aber kaum jemals wirklich benutzt werden, zumindest nicht bei so einem Anlass. Formen wie 'de aru' findet man eher in Grammatik-Lehrbüchern und vor allem auch in alten japanischen Texten.
Watashi wa Yumiko de arimasu: höflich und sehr (übertrieben) formal. Wird man bei so einem Satz auch eher selten hören.
Watashi wa Yumiko de gozaimasu: super höflich. Das wäre was für den Kaiser. Oder noch besser: 'Watakushi wa Yumiko de gozaimasu'. Dann hast du die Höflichkeit nicht nur im Verb, sondern auch im 'ich'.
Wie man sieht, unterscheiden sich Japanisch und Deutsch ganz gewaltig, und das leider nicht nur bei den Verb-Formen. Aber machen wir mal ein bisschen weiter mit den Partikeln.
- o (eigentlich Hiragana 'wo', aber das 'w' wird beim Aussprechen verschluckt): Diese Partikel markiert das Akkusativ-Objekt (die 'wen'-Form):
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In den letzten beiden Beispielsätzen gibt es gar kein Subjekt! Das ist im Japanischen folgendermaßen geregelt: entweder weiß der Zuhörer, um was es geht, oder das Subjekt ist 'ich'. Deswegen lautet die Übersetzung auch 'ich habe den Apfel genommen'. Das 'watashi wa' kann man ruhig weglassen.
Die Silbe 'o' kommt tatsächlich fast nur in der Funktion als Partikel vor. Ganz selten wird sie auch mal bei exotischen Namen verwendet, aber sonst nie.
Übrigens hat 'o' noch eine zweite Bedeutung, nämlich bei Bewegungen:
'Kouen wo arukimashita'
='ich bin im Park spazieren gegangen' (hier ist wieder das 'watashi wa' weggelassen).
-e und ni: ("he" als Partikel gesprochen "e" oder "ye") zeigt das Ziel einer Bewegung an. "ni" kann diese Funktion auch haben, hat zusätzlich aber noch eine Reihe weiterer. Aber fangen wir mal mit den Bewegungen an:
'Kurosaki-kun wa Kuchiki-san no uchi ni ikimashita'
oder (gleichwertig)
'Kurosaki-kun wa Kuchiki-san no uchi e ikimashita'
Und das heißt: 'Herr Kurosaki ist zum Haus von Frau Kuchiki gegangen'.
Wieder ein einfacher Satz, an dem man viel lernen kann. Das mit dem '-kun' und '-san' hatten wir ja schon. In dieser Kombination heißt '-kun' 'Herr' und '-san' 'Frau'. (Was aber nicht heißt, dass 'kun' für sich alleine 'Herr' heißt. Man kann auch Frauen '-kun' nennen, auch wenn das nicht so oft vorkommt. Und '-san' wird sowieso sowohl für Männer als auch Frauen verwendet.)
07/2007
'ikimashita' ist die höfliche Vergangenheitsform von 'iku', was hier mit '(mit)gehen' übersetzt ist. Allerdings hat 'iku' einen breiteren Bedeutungsumfang. Mehr oder weniger jede Art von Bewegung in Richtung Ziel ist 'iku', also auch '(hin)laufen', '(hin)fliegen', '(hin)fahren' usw.
Und im Gegensatz dazu ist eine Bewegung zum Sprecher hin 'kuru': '(her)kommen', also auch '(her)laufen', '(her)fliegen', '(her)fahren' usw.
'iku' gehört zu den sogenannten Verben der Bewegung, und für die muss man immer einen Ort als Ziel angeben. Im Deutschen kann man sagen: 'Ich gehe zu meinem Freund'. Im Japanischen muss man sagen: 'Ich gehe zum Haus meines Freundes' (oder wo auch immer er sich gerade befinden mag):
'Watashi wa tomodachi no uchi ni ikimasu'.
ni hat, wie schon erwähnt, noch ein paar andere Bedeutungen, und da ist es ganz praktisch, dass man für das Ziel einer Bewegung alternativ noch e hat, damit im Satz nicht so viele 'ni' hintereinander vorkommen.
Für was man ni noch alles brauchen kann: z. B. gibt es einige Verben, bei denen 'ni' stehen muss. Z. B.:
'Firma ni tsutomeru'
- 'bei der Firma ... angestellt/ tätig sein'. Üblicherweise steht das Verb 'tsutomeru' dabei in der Verlaufsform (was dem englischen 'I am working' entspricht. Komplett würde so ein Satz z. B. folgendermaßen lauten:
'Watashi wa Sony ni tsutomete imasu'
- 'Ich bin bei Sony angestellt'.
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Ein weiteres Beispiel wäre 'sumu' - 'wohnen / leben' (auch meist in der Verlaufsform):
'Watashi wa Myunhen ni sunde imasu'
- 'Ich wohne in München'.
Die beiden wichtigsten Verben, die das 'ni' brauchen, sind 'iru' und 'aru' - 'sein / existieren / es gibt' ('iru' für Menschen und Tiere, 'aru' für Pflanzen und Dinge).
Die Grammatik ist gleich, betrachten wir als Beispiel mal 'aru'.
'aru' braucht noch eine weitere Partikel, die wir bisher noch nicht hatten, nämlich ga. Ohne jetzt mal 'ga' zu vertiefen, lernst du am besten das Muster auswendig:
'(etwas) ga (Ort) ni aru'
- 'Bei / in (Ort) gibt es (etwas)'.
Beispiel:
'Myunhen ni Hofbräuhaus ga aru
- 'In München gibt es das Hofbräuhaus'.
Da die Reihenfolge der Stücke, aus denen ein Satz besteht, im Japanischen nicht fest vorgeschrieben ist (außer dass das Verb immer am Schluss steht), kann man auch sagen:
'Hofbräuhaus wa Myunhen ni aru'
- 'Das Hofbräuhaus ist in München'.
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Beachte, dass beim Umdrehen der Reihenfolge ga zu wa wird. Denn die Partikel 'wa' dient der Betonung, 'ga' hingegen ist neutral. Deshalb wird 'ga' auch gerne bei Naturerscheinungen verwendet, wie z. B. bei:
'Ame ga furimasu'
(Es wird regnen.)
Übrigens sind weder im Deutschen noch im Japanischen die beiden obigen Beispielsätze von der Bedeutung her völlig identisch. Das, was vorne kommt, ist üblicherweise wichtiger. Oder umgekehrt ausgedrückt: Das, was der Sprecher betonen will, setzt er an den Satzanfang.
Ein weiteres interessantes Beispiel für 'ni' ist 'kiku'.
'Jemanden ni kiku' - 'Jemanden fragen'.
Etwas o kiku' - 'Etwas hören'.
Was gibt es zu ga sonst noch zu sagen? Ziemlich viel eigentlich. ga bezeichnet, wenn es vorkommt, immer das Subjekt eines Satzes, also das, was sonst durch das wa markiert wird. So ähnlich wie beim ni gibt es auch beim ga einige Verben, bei denen es vorkommen muss:
'Watashi wa kimi ga suki desu'
- 'Ich mag / liebe dich'.
(Das 'u' von 'suki' wird übrigens nur angedeutet oder ganz verschluckt. Man sagt also sowas wie 'ski'.)
'Watashi wa aisu ga suki desu'
- 'Ich mag Eis'.
'Watashi wa nattou ga kirai desu'
- 'Ich hasse Nattou'.
(Nattou ist eine Spezialität aus Osaka und besteht aus fermentierten Sojabohnen.) Nebenbei: 'mögen' und 'hassen' sind im Deutschen Verben, aber auf Japanisch sind 'suki' und 'kirai' Adjektive!
Mehr zum ga gibt es später mal in einem fortgeschrittenen Kapitel.
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- ka: Wenn man das an ein Verb dranhängt, wird aus dem Satz eine Frage.
'Kore wa ringo desu.'
- 'Dies ist ein Apfel.'
'Kore wa ringo desu ka.'
- 'Ist dies ein Apfel?'
- de: zeigt das Mittel an:
'Pen de kaku.'
- 'Mit dem Stift schreiben'
'Basu de iku.'
- 'Mit dem Bus fahren'
'Nihongo de hanasu.'
- 'Auf Japanisch sprechen'
Funabin de okuru."
- "Per Seepost schicken"
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Zum Abschluss dieser Lektion noch ein Hinweis zur Aussprache. Partikel gehören zu dem Wort, an das sie angehängt werden.
Wort + Partikel werden also ohne Pause zusammen in einem Stück gesprochen.
Zusammen mit der Regel, dass das 'g' meist so ähnlich wie 'ng' ausgesprochen wird, wenn es im Innern eines Wortes vorkommt, ergibt sich, dass die Partikel 'ga' generell wie 'nga' ausgesprochen wird.
Beispiel: 'kore ga' ('dieses hier') spricht man 'korenga' mit leichter Betonung auf dem 'a' (und alle Vokale kurz).