Scott - Lektion IV
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ich, du und die Namens-Suffixe
07/2007
ich

Ein eigener Abschnitt für das simple Wörtchen 'ich' scheint etwas übertrieben. Aber im Japanischen liegt der Fall etwas komplizierter als in europäischen Sprachen.

Fangen wir an mit der einfachsten Möglichkeit für 'ich', nämlich dem Zeigen auf sich selbst. Unglaublich, aber wahr: das machen die Japaner anders als wir. Sie zeigen nicht auf ihre Brust, sondern auf ihre Nase.

Im Deutschen gibt es, wenn's sein muss, immerhin noch eine zweite Möglichkeit, auf sich selbst zu verweisen, nämlich den ziemlich gestelzt klingenden Ausdruck 'meine Wenigkeit'. Im Japanischen hingegen gibt es eine ganze Reihe von Wörtern für 'ich', hier einmal die Gebräuchlichsten:

- watashi: das höfliche Allzweck-Ich, das man auch als erstes lernt. Wenn dir nichts anderes einfällt, mit watashi kannst du eigentlich nichts falsch machen. Wird sowohl von Männern wie Frauen verwendet.

- atashi: die weibliche Form von watashi, die vorwiegend in der Jugendsprache benutzt wird. Als Mann, könnte man atashi nicht verwenden (jedenfalls nicht, ohne sich lächerlich zu machen). Frauen hingegen haben die Wahl und benutzen oft auch 'watashi'.

- watakushi: das ist die super-höfliche Version von watashi. Beachte, dass das 'u' bei der Aussprache praktisch verschluckt wird, man sagt also watackschi.

Das mit der Höflichkeit ist im Japanischen eine ziemlich vielschichtige Angelegenheit, die es so in europäischen Sprachen nicht gibt. Das heißt, bei der Übersetzung von Mangas und Animes ins Deutsche fällt so einiges unter den Tisch, das man nur mitbekommt, wenn man die Originalfassung liest bzw. sieht. Für den Anfang reicht es aber, wenn du dieses Wort einfach mal kennst und weißt, was es bedeutet.



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- washi: gerne benutzt von älteren Männern: Wenn du washi hörst, weißt du, dass es sehr wahrscheinlich ein alter Opa gesagt hat.

- uchi: dieses Wort heißt eigentlich 'Haus', wird aber im Kansai Dialekt, also in der Gegend um Osaka herum, für 'ich' verwendet. In der Region um Tokyo verwendet man uchi als Personalpronomen 'unser', wie beispielsweise in 'uchi no kuruma', dass heißt 'unser Auto' oder 'das Auto meiner Familie'.

- jibun: Wörtlich steht jibun für 'selbst' oder 'das Eigene', z.B. jibun no kuruma: 'das eigene Auto', kann aber genauso gut für 'ich' verwendet werden.

- ore: sehr beliebt bei (männlichen) Schülern, jungen Männern und (männlichen) Anime-Helden. ore ist Schulhof- und Straßensprache und für Gesprüche auf einem formaleren oder höflicheren Niveau nicht geeignet.

Und wenn Frauen ore sagen, dann zeigen sie damit, dass mit ihnen nicht zu spaßen ist.

- kono + der eigene Name: kono heißt "dies(e/r/s)", kono Yumiko wäre also 'diese Yumiko'. Diese Version von 'ich' wird nicht allzu oft verwendet. Es dient der starken Betonung der eigenen Person und wird von Leuten verwendet, die sehr von sich selbst überzeugt sind und abschätzig mit anderen reden.

- boku: ziemlich häufig benutzt von Schülern / jungen Männern, seltener auch von Mädchen

Nachdem wir nun all diese Wörter für 'ich' kennen gelernt haben, ist das 'wir' relativ einfach. Man hängt -tachi an das jeweilige 'ich' dran, also 'watashi-tachi', 'ore-tachi' usw. Das Sprachniveau bleibt dabei gleich. ore-tachi ist also logischerweise nicht höflicher als 'ore' selbst.



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du

Nach den vielen 'ich' ist es wohl nicht überraschend, dass es auch eine Menge 'du' gibt. Um es vorweg zu sagen: Kein einziges dieser 'du' ist besonders höflich. Wenn du jemanden auf höfliche und respektvolle Weise direkt anreden möchtest, dann sagst du am besten 'Nachname + san', z. B. 'Hayashi-san'. Das ist sozusagen die idiotensichere Methode und entspricht etwa unserer Anrede 'Sie'. Die Voraussetzung dafür ist natürlich, dass man den Namen weiß.

Wenn man jemanden etwas näher kennt und eine gewisse vertraute Beziehung hat, kann man auch 'Vorname + san' benutzen, was etwa unserem 'Du' entspricht.

Kommen wir nun zu den 'du'-Wörtern:

- anata: sozusagen das klassische 'Du'. Wie gesagt, nicht gerade umwerfend höflich, aber wenn man den Namen nicht weiß, dann kann man auf 'anata' zurückgreifen, ohne sich allzu sehr in die Nesseln zu setzen.

Übrigens nennen Ehefrauen ihre Männer in der Regel anata und das ist in diesem Zusammenhang durchaus freundlich.

- anta: die (noch) etwas unfreundlichere Variation von anata. Man hört dieses Wort oft in Animes. Schüler reden sich untereinander manchmal so an, aber es ist ziemlich herablassend. Wer mit anta angeredet wird, der weiß, dass er nichts zu melden hat.

- kimi: nicht allzu unhöflich, aber doch ziemlich von oben nach unten. Wird aber zwischen Freunden öfter verwendet und ist dann ok.

- omae: schon ziemlich unhöflich und oft von (männlichen) Schülern und Studenten benutzt


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- temee: noch unhöflicher. Es stammt ursprünglich von temae ab, das höflich für 'ich' verwendet wird (wörtlich: 'diese Seite', 'hier'), aber auch für die Anrede in zweiter Person Verwendung findet. Das 'ae' am Schluss wurde zu oder 'ee' verschliffen. Dieses Wort ist ganz klar Gassen- und Ganovensprache. (Männliche) Anime-Helden nennen gerne ihre Feinde so, vor allem, wenn sie ihnen erklären, dass sie sie gleich zu Kleinholz verarbeiten werden.

- kisama: so ziemlich die unhöflichste Variation von 'du' und praktisch eine offene Beleidigung. Das 'i' wird übrigens mehr oder weniger verschluckt, man spricht das Wort ungefähr 'xsama' aus. Früher wurde dieses Wort jedoch ganz im Gegensatz als höfliche Anrede für jemanden höher Stehenden verwendet! Im Laufe der Zeit brauchte man es unter Männern für Gleichgesinnte und Niederstehende, danach auch als Beleidigung.

Namens-Suffixe
Ein Suffix ist ein Wörtchen, das man hinten dran hängt, im Gegensatz zu einem Präfix, das vorne dran kommt.

'Herr oder Frau sowieso' heißt im Japanischen 'Name-san'. Übrigens nicht zu verwechseln mit Fuji-san, dem höchsten Berg Japans. Man hört gelegentlich von sogenannten Japan-Experten, dass hieße 'Herr Fuji'. Heißt es aber nicht. Denn dieses 'san' heißt ganz klar 'Berg', was man an dem Schriftzeichen (Kanji) erkennen kann.

Aber zurück von den Bergen zu den Menschen. Neben san gibt es nämlich noch eine ganze Reihe weiterer Namens-Suffixe.

- sama: wahrscheinlich eines der bekanntesten Namens-Suffixe. sama ist sehr höflich und respektvoll. Es wird generell in der Briefanrede verwendet und hat dadurch einen sehr schriftlichen, also extrem höflichen Charakter. Aus dem '-sama' hat sich das '-san' entwickelt. Weitere Beispiele für -sama sind O-jou-sama (für gut erzogene junge Damen aus reichen Familien), Hime-sama ('Prinzessin') oder Ou-sama ('König').



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Wer öfter Animes in der Originalfassung hört, kann übrigens feststellen, dass sich die Bösen untereinander gerne mit 'sama' anreden. Das spiegelt eine interessante Facette der japanischen Höflichkeitssprache wider: Höflichkeit schafft nämlich bei Bedarf auch Distanz. Wobei hier ganz genau darauf zu achten ist, wer wen anredet. In Europa nennen sich Geschwister gegenseitig beim Vornamen. In Japan ist das ganz anders. Die älteren Geschwister nennen die Jüngeren zwar auch beim Vornamen, die jüngeren die älteren aber (und zwar praktisch ausnahmslos) mit einer Art Titel:

- Nee-san / Onee-san: ältere Schwester.
- Nii-san / Onii-san: älterer Bruder.
Die Anime-Schurken sagen dafür meistens:

Onee-sama bzw. Onii-sama. Wobei es den so angesprochenen Älteren niemals einfallen würde, ihre jüngeren Geschwister ebenfalls mit 'irgendwas+sama' anzureden. Sondern sie benutzen, wie gesagt, einfach den Vornamen.

- sensei: ein weiteres bekanntes Namens-Suffix. Es heißt 'Lehrer' oder 'Meister' und kommt auch für sich alleine vor. Außerdem wird es für Personen mit höherem Rang oder Titel, wie z.B. bei Doktoren und Professoren, aber auch bei Rechtsanwälten, Politikern oder Firmenchefs verwendet und trägt damit in etwa eine Bedeutung von 'großer Meister'.

Beispiel: Anegasaki-sensei wäre also 'Herr Lehrer Anegasaki' bzw. 'Frau Lehrerin Anegasaki'. Es ist wirklich so, dass man bei (fast) keinem dieser Suffixe sagen kann, ob es zu einem Mann oder einer Frau gehört. Der einzige Fall, wo es manchmal doch geht, ist:

- kun: diesen Suffix verwendet man meistens für junge Männer, vor allem Schüler und Studenten. Frauen werden damit nur selten angesprochen. Wenn man in einem Satz hört Hayashi-san to Tani-kun, dann kann das 'Frau Hayashi und Herr Tani' bedeuten. Wie gesagt, Inoue-kun ist wahrscheinlich männlich, muss es aber nicht unbedingt sein.



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- chan: mit dieser Form werden Kinder angeredet. Logischerweise kommt hier der Vorname davor. Aber viele Männer verwenden es auch sehr gerne für nette jüngere Damen als Anrede. Es ist aber auch bei Japanern, die sich von klein auf kennen, durchaus üblich, diese Anredeform bis ins Erwachsenenalter hinein beizubehalten, vor allem bei Frauen.

- sempai: wieder ein Suffix, das es auch als eigenes Wort gibt. Im Kapitel über die Aussprache habe ich dieses Wort schon mal als Beispiel gebracht. Es bedeutet 'älterer Kollege', 'älterer Mitschüler' etc., ist also ein klassisches von-unten-nach-oben-Wort und ein gutes Beispiel für japanische hierarchische Beziehungen.

Der Jüngere (für den es auch ein Wort gibt: -kouhai) redet den Älteren mit 'Nachname-sempai' an, der Ältere den Jüngeren meist nur mit 'Nachname' ohne was dazu. Diese Anredeform wird dauernd verwendet. Ein schönes Beispiel findet sich in dem Anime 'Oh my Goddess'. Morisato Keiichi hat an der Uni zwei ältere Kommilitonen, Ootani-sempai und Tamiya-sempai, die er auch so anspricht. Sie nennen ihn hingegen einfach 'Morisato'.

Nebenbei bemerkt: Im Japanischen kommt der Familienname zuerst, der Vorname steht hintendran. Allerdings sieht man heutzutage öfter auch die umgekehrte, also westliche Reihenfolge, und zwar dann, wenn der Name in europäischer Schrift geschrieben wird. Die Japaner sind da ausgesprochen flexibel.

- Titel: Oft wird jemand angeredet, indem man einfach seinen Titel verwendet. Die häufigsten sind:

Kachou (Chef, Abteilungsleiter)
Kakarichou (Unter-Abteilungsleiter)
Hakase (Doktor)
Kyouju (Professor)
oder Sensei (das hatten wir ja schon: Lehrer / Meister).


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All diese Titel kann man wie Namens-Suffixe an den Namen hängen oder sie einfach so (d.h. ohne den Namen) verwenden, denn im Gegensatz zu 'san' oder 'kun' sind es ja selbstständige Worte.

Ein wichtiger Hinweis:

Wenn ein Japaner über sich selbst oder jemanden aus seiner Gruppe (Firma, Familie) spricht, verwendet er niemals einen Namens-Suffix oder Titel.

Also immer
watashi ha Hayashi desu
(='Ich bin / heiße Hayashi').
und niemals
watashi ha Hayashi-san desu
(='Ich heiße Herr Hayashi').

Das würde sogar im Deutschen komisch klingen - 'ich heiße Herr Hayashi'. Und im Japanischen wäre das noch viel ungewöhnlicher.

Damit hätten wir die wichtigsten Anredeformen und wissen nun schon so einiges über die japanische Sprache.


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